In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Jahrestreffen einen echten Nutzen stiften und zu inspirierenden Veranstaltungen werden.
Jahrestreffen finden manchmal mit der gesamten Belegschaft des Hauses oder eines Bereichs, manchmal nur mit Führungskräften statt. Die Teilnahme ist meistens verpflichtend oder wird zumindest erwartet.
Diese Treffen werden üblicherweise von oben initiiert. Die Themenwahl gründet daher oft auf einem von der Leitung wahrgenommenen Defizit oder einem zu adressierenden Veränderungsbedarf. Die GF-Assistenz oder die Stelle für interne OE oder Kommunikation wird beauftragt, das Ganze zu planen. MitarbeiterInnen oder Führungskräfte werden dabei selten einbezogen. Ihre Belange bleiben unberücksichtigt.
Oft nutzt die Leitung die Gelegenheit, Erfolge der Organisation darzustellen, Handlungsbedarfe aufzuzeigen oder ‘ne neue Strategie zu verkünden. Der für die Teilnehmenden durchaus spürbare Hintergedanke dabei: „Wir müssen unsere Leute mal ‚ein-Norden‘, ihnen was klar machen oder sie zu was bringen“.
Die TeilnehmerInnen fühlen sich deshalb oft belehrt, geschoben oder sogar vorgeführt. Im Handumdrehen geht dabei die Augenhöhe verloren. Eine zurückgelehnte und abwartende, oft kritische Haltung in der Veranstaltung ist die Folge.
Wenn dan kein Raum ist, relevante Themen im persönlichen Arbeitsumfeld anzusprechen und Herausforderungen oder Schwierigkeiten nicht besprochen werden können, geht die innere Beteiligung völlig verloren.
In eine passive Haltung gezwungen, freut sich die Mehrheit dann auf ‘nen lockeren Austausch mit Kollegen in der Kaffee- oder Mittagspause.
Der größte Beitrag von Jahrestreffen liegt in der seltenen Gelegenheit, alle zusammenzubringen. Es ist ein Zusammenkommen derjenigen, die ein ganzes Jahr lang miteinander die Organisation oder Initiative bewegt haben, die schwierige Zeiten durchgestanden und aufregende Momente durchlebt haben, die engagiert gearbeitet und großartige Ergebnisse erzielt haben.
Jahrestreffen müssen daher auf die Bedarfe aller ausgerichtet werden, wenn sie einen echten Nutzen stiften und von allen gleichermaßen positiv erlebt werden sollen. Ihr größtes Potential liegt darin, etwas für diese Gemeinschaft zu tun, sie mit dem zu versorgen, was sie braucht, ihr dabei zu helfen weiter zusammenzuwachsen und zu erstarken.
Hier kommen 6 Aspekte, die dabei wichtig sind.
Dazu gehört auch das Feiern! Haben das nicht alle verdient? Die Leitung ebenso wie alle, die dafür sorgen, dass auch im Detail jeden Tag alles funktioniert und vorankommt?
Es ist ein gutes und stärkendes Gefühl, wenn die eigene Arbeit des Jahres und das Gelungene und Erreichte miteinander resümmiert, betont und gebührend gewürdigt wird.
In einem gemeinsamen Austausch richten die Teilnehmenden ihren Fokus auf das, was erfolgreich war und sich entwickelt hat, denn in Organisationen wird tendenziell eher hervorgehoben und analysiert, was nicht gut war. Das eigene Gefühl für Fortschritt und Selbstwirksamkeit ist in vielen Organisationen deshalb unterentwickelt. Es geht also auch darum, dass sich alle an ihre gemeinsame Kraft erinnern.
Dafür bieten sich unterschiedliche Methoden an. Story-Telling zum Beispiel macht es möglich, Erfolgsgeschichten zu finden, miteinander zu teilen und das „Geheimrezept“ zu entdecken, das den Erfolg möglich machte. Auch Appreciative Inquiry ist ein Ansatz, der sich konsequent an der Frage ausrichtet, was der Organisation bereits Kraft und Vitalität verleiht.
Jahrestreffen dienen der Gemeinschaft auch, indem die Teilnehmenden miteinander einen Blick auf das Zusammenwirken im letzten Jahr werfen. Ein Austausch in kleinen Gruppen und im Plenum dient der Reflexion und widmet sich zum Beispiel folgenden Fragen: Wo lief es schon sehr gut, wo weniger? Wo sollte man nochmal näher hinschauen? Hier kommen die lebendigen Formen der agilen Retrospektive zum Einsatz.
Die übergeordnete Intention ist, ein Lernen aus den gemachten Erfahrungen zu ermöglichen und gemeinsam zu entdecken, worauf es ankäme, damit es in Zukunft noch besser gelingt.
Wenn im vergangenen Jahr Situationen eingetreten sind, die in der Organisation hohe Wellen geschlagen haben, die mit einem Schock, massiven Veränderungen oder gefühlter Bedrohung einher gingen, ist es wichtig, der resultierenden Emotionalität in der Gemeinschaft Raum zu geben. Es geht darum, die „Wehen“, die mit Veränderungen oder Einschnitten verbunden sind, zu verarbeiten. Was muss einmal an- und ausgesprochen und von allen bezeugt werden? Was muss gesagt werden, ohne es zu relativieren oder zu rechtfertigen?
Emotionen lösen sich nicht auf, indem man sie wegsperrt. Das Gegenteil ist der Fall. Sie wollen ausgedrückt, gesehen und ihre Existenz anerkannt werden. Der Schlüssel liegt im Zulassen, nicht im Wegdrücken.
Erst, wenn das erfolgt ist, wird eine konstruktive und nach vorn gerichtete Auseinandersetzung mit neuen Herausforderungen möglich. Die Gemeinschaft wird wieder handlungsfähig. Dafür kommen stark strukturierte Formen des gegenseitigen Zuhörens zum Einsatz, die Eskalation und ein Rückfall in alte Muster verhindern.
Die Fähigkeit der Gemeinschaft mit existentiellen Herausforderungen umzugehen, hängt maßgeblich davon ab, dass innere Reaktionen ausgesprochen und geteilt werden können.
Jahrestreffen können also – wenn man ausreichend Zeit vorsieht - auch den Blick in die Zukunft richten. Was kommt auf uns zu? Worauf müssen wir reagieren? Wofür benötigen wir Antworten? Welche Bedarfe sehen wir für unser künftiges Zusammenwirken?
Dabei sollen nicht unnbedingt gleich Arbeitsgruppen etabliert werden. Es geht mehr um die Möglichkeit, mit KollegInnen und Führungskräften wichtige Themen zu sondieren, sich drüber auszutauschen, vielleicht erste Ideen zu generieren, vielleicht aber auch nur Einsichten zu gewinnen und eine größere Bewusstheit zu erlangen und sie für den eigenen Alltag mitzunehmen. Ein Jahrestreffen, das wir jüngst begleitet haben, hatte sogar die Prämisse: keine Arbeitsgruppen gründen!
Dafür kommen strukturiertere Diskurs-Formate wie z.B. ein Conversation-Café oder das offenere Format Open Space in Betracht.
Wenn es gewünscht ist, kann auf die Sondierung von Entwicklungsbedarfen auch ein Initiieren von Folgeaktivitäten folgen. Gibt es Themen, die einer weiteren Behandlung bedürfen? Was genau ist die dahinter liegende Frage? Was soll geklärt oder entwickelt werden? Wer sollte daran mitwirken? Wann und wie wird über Zwischenergebnisse informiert?
Gruppen ins Leben zu rufen, während alle anwesend sind, hat den entscheidenden Vorteil, dass alle mitbekommen, was initiiert wird und wer daran beteiligt ist. Man kann die Zusammensetzung der Gruppen ggf. noch anpassen, damit alle Stakeholder vertreten sind. Entwicklungsgruppen, wie wir sie nennen, werden damit vollständig von der großen Gruppe mandatiert. Sie bekommen das O.K. der gesamten Organisation.
Auf diese Weise würde ein Jahrestreffen sogar zu einem Teil einer sich ständig weiterentwickelnden Organisation.
Zu guter Letzt ist es auch manchmal sinnvoll, Dinge mit allen gemeinsam zu verabreden oder zu beschließen. Das betrifft insbesondere Aspekte, die einer Mitwirkung und Verhaltensänderung aller bedürfen, wie z.B. die interne Kommunikation. Solche Vereinbarungen wirken kulturschaffend und können tatsächlich nur in Anwesenheit aller verabredet werden.
Was wäre für Ihre Organisation oder Gemeinschaft im nächsten Jahrestreffen besonders wichtig? Worauf würden Sie den Schwerpunkt legen?
Neuer Text...
agonda
Agentur für Dialog und Entwicklung
München +49 (0)89-899 79 507
Bodensee +49 (0)7543-93 59 59 1
München
+49 (0)89-899 79 507
Bodensee
+49 (0)7543-93 59 59 1